Für ein „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät
Hanau – vor einem Jahr
Ein Jahr nach dem schrecklichen rechten Terroranschlag von Hanau ist eines völlig klar: Der Staat hat beim Schutz der Bevölkerung auf allen Ebenen versagt. Ein „weiter so“ darf es nicht geben!
Bereits im Vorfeld der Tat war der Täter der Polizei bekannt. Jedem Beamten, der mit ihm zu tun hatte, musste klar sein, dass seine von Rassismus und Verschwörungsszenarien geprägte Gesinnung früher oder später zu einer solchen Tat führen würde. Doch obwohl der Täter vor dem blutigen Anschlag in Hanau mehr als einmal strafrechtlich auffällig geworden war, Schießtrainings in Tschechien absolvierte und aus seiner rechtsextremen Haltung keinen Hehl machte, sah sich niemand zum Handeln veranlasst.
Bildquelle: Wikimedia Commons/Lumpeseggl
Das Versagen
Doch fast noch erschreckender als die Untätigkeit der Behörden und seines beruflichen und persönlichen Umfelds sind die äußeren Umstände, die ihm bei der Ausführung seiner Tat halfen:
Eine Notrufstelle, die nicht oder nicht ausreichend besetzt war, wodurch die Polizei viel zu spät zum Einsatz kam und die Notrufe verzweifelter Menschen im Nichts endeten.
Zivilisten, die starben, weil sie die Aufgabe des Staates übernahmen und sich dem Täter in den Weg stellten.
Ein Notausgang, der (womöglich auf behördliche Anordnung hin, aber definitiv mit Wissen der Behörden) verschlossen war, sodass eine Flucht vor dem Täter aus der „Arena Bar“ nicht möglich war.
Das alles kann man kaum als unglückliche Zufälle abtun – dahinter steckt ein klares Versagen der Sicherheitsbehörden, die die Bedrohung durch Rechtsterrorismus nach wie vor nicht ernst genug nehmen und solche Taten lieber als „tragische Einzelfälle“ und „Handlungen eines psychisch gestörten Einzeltäters“ verharmlosen.
Hier und Jetzt
Doch die schrecklichen Vorfälle in Hanau führen uns auch vor Augen, das die Mehrheit der Menschen viel zu leise ist, wenn es um den Kampf gegen rechten Hass und Terror geht. Der öffentliche Aufschrei nach Hanau ist viel zu schnell verklungen!
Bewegt man sich in Kreisen, die sich mit der Thematik Rassismus und Rechtsterrorismus aktiv auseinandersetzen, dann ist das Gefühl von „Wir sind mehr“ immer groß. Doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen. Viel zu oft gibt in Deutschland eine laute Minderheit den Ton an, ohne Widerspruch aus der Allgemeinheit fürchten zu müssen. Und in diesem fehlenden oder verhaltenen Widerspruch der Bevölkerung sehen Menschen wie der Attentäter von Hanau oder auch Halle eine Rechtfertigung für ihre Taten. Nicht nur die Hetzreden der AfD stärken die Täter in ihrem Vorhaben, sondern auch das Schweigen der Zivilbevölkerung. Denn Schweigen ist Zustimmung! Es muss endlich einen breiten Widerspruch aus der Bevölkerung geben, gegen Rassismus und gegen vermeintlich „friedliche“ AfDler:innen, welche im Namen der Meinungsfreiheit ideologische Brandsätze zünden und dadurch den Radikalisierungsprozess in erheblichem Maße fördern.
Allen muss klar werden: Für ein „Wehret den Anfängen“ ist es längst zu spät! Wir sind bereits mittendrin.
Weitere Infos
Die Kette behördlichen Versagens, von Initiative 19. Februar Hanau
https://19feb-hanau.org/wp-content/uploads/2021/02/Kette-des-Versagens-17-02-2021.pdf
Rechtsterrorismus-Opferfonds! Petition
https://weact.campact.de/petitions/hessen-braucht-jetzt-einen-rechtsterrorismus-opferfonds-ein-jahr-nach-dem-anschlag-in-hanau
Werde GG-Blogger*in
Du schreibst gern oder bist fit in Recherche? Dann melde dich bei uns und schreib eigene Artikel, Gastbeiträge oder unterstütze andere mit Hintergrundrecherche zu diversen Themen.